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Neue Landestrainerin Mariia Kashcheieva

Veröffentlicht in

Verbandsnachrichten

Vorstellung unserer neuen Landestrainerin Mariia Kashcheieva

Elisabeth Grünewald (EG):

Liebe Mariia, wir freuen uns, dass Du ab dem 1. September das Landestrainerteam des BJV unterstützt. Mit diesem Artikel möchten wir dich unseren bayerischen Judoka vorstellen. Vielen Dank, dass Du Dir trotz Deines aktuellen Abschlusses von Deinem Sportstudiums die Zeit für dieses Interview nimmst.
Du lebst seit 2022 in Nürnberg/Fürth bist aber ukrainische Staatsbürgerin und warst in der russischen Nationalmannschaft. Wie war deine persönliche Situation in Deinem Heimatort auf der Krim und wie war der Wechsel in die russische Nationalmannschaft nach der Annextion der Krim im Jahr 2014?

 

Mariia Kashcheieva (MK):

Guten Tag. Die Krim wurde seit 2014 annektiert, zu dieser Zeit hatte ich bereits zweimal die ukrainische Meisterschaft bis 15 Jahre gewonnen und hatte genug Erfahrung, um sofort an der russischen Meisterschaft teilzunehmen. Im Jahr 2015 belegte ich dort den 3. Platz, wofür ich 8 Kämpfe bestreiten musste. Ich hatte keinen Trainer und kein Team, das mich unterstützte.

EG: Erzähle uns bitte etwas über deine eigene sportliche Karriere. Wann und wo hast Du mit Judo angefangen und auf welche Erfolge bist Du besonders stolz?

MK: Ich begann im Alter von 6 Jahren mit dem Judo und mochte diesen Sport sofort. Ich trainierte 6 Tage die Woche und ich denke, aus diesem Grund hatte ich gute Ergebnisse, nicht nur in der Ukraine, sondern auch bei europäischen Turnieren. Ich habe mehr als 100 persönliche Auszeichnungen, daher ist es schwierig für mich zu sagen, auf welche Erfolge ich besonders stolz bin. Ich nahm oft an Wettkämpfen teil, bei denen ich nur gegen Jungen kämpfte, und wenn ich den ersten Platz belegte, war es doppelt angenehm und dreifach schwierig.

EG: Du wirst ab September als Landestrainerin für die Eliteschule des Sports in Nürnberg, der Bertolt-Brecht-Schule beginnen und die anderen Landestrainer in den verschiedenen Altersklassen unterstützen. Du hast bereits in deinem Heimatverein auf der Krim und in Nürnberg beim ATV Frankonia Judo-Training geleitet. Welche Erfahrungen als Trainerin hast Du bereits gesammelt?

MK: Für mich ist es eine große Ehre, diese Position zu erhalten. Ich mochte es, mit Kindern und Trainern im Klub Frankonia zu arbeiten. Dort sah ich, wie in Deutschland die Beziehungen zwischen Trainern und Kindern sind. Früher dachte ich nicht daran, Trainerin zu werden – ich mochte es, zu trainieren und an Wettkämpfen teilzunehmen. Meine Sportkarriere wurde durch eine Verletzung beeinträchtigt, und es war für mich psychologisch schwierig, zu akzeptieren, dass ich nicht mehr auf hohem Niveau antreten konnte. Ich schrieb mich an der Universität ein und studierte sechs Jahre lang den Beruf des Trainers, während ich weiterhin mit der Verletzung an Turnieren und Wettkämpfen teilnahm. Schon ab dem zweiten Studienjahr absolvieren wir Praktika als Trainer in verschiedenen Altersgruppen. Meine Erfahrung zeigt, dass jeder Sportler in dieser Sportart einen individuellen Ansatz benötigt. Es gibt grundlegende Fähigkeiten, die die Sportler im Training erlernen, aber für Fortschritte und gute Ergebnisse muss man der Technik jedes Sportlers individuell Aufmerksamkeit schenken.

EG: Wie unterscheidet sich Deiner Meinung nach das deutsche vom russisch/ ukrainischen Judo?

MK: Das ist eine gute Frage, weil der Unterschied erheblich ist. Das russische System unterscheidet sich vom ukrainischen, aber noch mehr unterscheidet es sich vom deutschen. In Russland muss jeder Sportler Ergebnisse liefern und dafür viel Zeit im Fitnessstudio verbringen. Andernfalls wird dich der Trainer nicht als Sportler wahrnehmen. Von Sportlern, die an Wettkämpfen teilnehmen wollen, werden hohe Anforderungen gestellt, und bei einer großen Anzahl von Sportlern hast du kein Recht auf Fehler. In einem Umfeld harter Konkurrenz musste ich mehrere Jahre lang mit einer Verletzung antreten, um im Team zu bleiben. Deutsches Judo ist eine Gemeinschaft, die jeden Menschen wertschätzt und immer bereit ist zu unterstützen. Hier gibt es eine ganz andere Einstellung zu den Sportlern. Ich denke, dass für das Erreichen von Ergebnissen ein Gleichgewicht notwendig ist.

EG: Du hast an der renommierten russischen Universität in Kasan Sport studiert und kürzlich abgeschlossen. Welches waren Deine Schwerpunkte im Studium und wie wird Dir das bei der Ausbildung der bayerischen Judoka helfen?

MK: Wir haben alles studiert: Ernährung, Psychologie, Besonderheiten der Erholung, Trainingsmethoden und vieles mehr. All dies haben wir täglich in der Praxis angewendet.

EG: Was sind deine persönlichen Ziele in den nächsten Jahren in beruflicher und persönlicher Hinsicht?

MK: Ich habe Pläne, aber vieles wird vom Status meiner Schüler abhängen. Ich werde im Fitnessstudio arbeiten, um meine Pläne umzusetzen. Ich schaue mir noch das deutsche Judo an und finde es sehr interessant, mich unter neuen Bedingungen auszuprobieren: Es ist ein völlig anderer Rhythmus und ein anderer Ansatz im Trainingsprozess. Derzeit lerne ich Deutsch, aber ich mag es, dass mein Lieblingssport jede Sprachbarriere überwinden lässt.

EG: Gibt es weitere Dinge, die Du unseren bayerischen Judoka mitteilen möchtest?

MK: Judo ist eine Sportart, die einem Kind viel in Bezug auf physische und psychische Gesundheit gibt. Ein Kind muss sich nicht sofort hohe Ziele setzen – es reicht aus, einfach zum Training zu kommen und müde, aber mit guter Laune nach Hause zu gehen. Das Ergebnis wird sicherlich kommen. Judo ist nicht nur ein Sport – es ist eine Lebenseinstellung.

 

EG: Liebe Mariia, vielen Dank für dieses Interview! Wir freuen uns sehr auf unsere Zusammenarbeit!

 

Text: Elli Grünewald

Foto: Mariia Kashcheieva